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Müssen Kinder ihre Eltern finanziell unterstützen?

Wo ist die Unterstützungspflicht geregelt?
Die Unterstützungspflicht unter Verwandten ist in Artikel 328 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches geregelt. Dort steht: «Wer in günstigen Verhältnissen lebt, ist verpflichtet, Verwandte in auf- und absteigender Linie zu unterstützen, die ohne diesen Beistand in Not geraten würden». Auf den ersten Blick erscheint diese Unterstützungspflicht recht weitgehend. Es ist deshalb gut, die Voraussetzungen genauer zu prüfen.

Wer ist unterstützungspflichtig?
Die Unterstützungspflicht besteht innerhalb der Familie in auf- und absteigender Linie. Die Unterstützungspflicht geht somit in beide Richtungen und kann auch Grosseltern oder Enkelkinder umfassen. Die Unterstützungspflicht der Verwandten geht allerdings ehelichen oder partnerschaftlichen Unterstützungspflichten nach. Kinder müssen deshalb einen Elternteil erst dann unterstützen, wenn der andere Elternteil und die Grosseltern ihren Unterstützungspflichten nachgekommen sind. Keine Unterstützungspflicht haben Geschwister, Tanten, Onkel und Neffen oder Nichten.

Wann ist jemand in Not geraten?
Eine Person ist finanziell dann in Not, wenn ihre Einkommen und Renten einschliesslich der Ergänzungsleistungen zur AHV und IV nicht ausreichen, um die minimalen Lebenshaltungskosten zu decken. Ein Unterstützungsanspruch entsteht somit erst dann, wenn auch die Ergänzungsleistungen nicht ausreichen. Eine Notlage liegt in der Regel dann vor, wenn eine Person auf Sozialhilfeleistungen angewiesen ist, um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren.

Wann lebe ich in günstigen Verhältnissen und werde deshalb unterstützungspflichtig?
In günstigen Verhältnissen lebt, wer als Alleinstehender mehr als CHF 120'000 oder als Ehepaar oder Paar in eingetragener Partnerschaft mehr als CHF 180'000 verdient. Pro Kind in Ausbildung wird ein Zuschlag von CHF 20'000 gewährt. Zur Berechnung der massgebenden Einkommen wird auch das Vermögen miteinbezogen, das über bestimmten Freigrenzen liegt. Bei Alleinstehenden wird das Vermögen erst ab CHF 250'000, bei Paaren erst ab CHF 500'000 in die Berechnung des massgebenden Einkommens miteinbezogen. Der Miteinbezug erfolgt durch Anrechnung einer Quote des Vermögens an das massgebende Einkommen. Diese Quote ist altersabhängig und bewegt sich zwischen 1/60 für Jüngere und 1/20 für Ältere. Auch beim Vermögen gibt es einen Zuschlag pro Kind. Dieser beträgt CHF 40'000.

Berechnungsbeispiel
Andreas ist 49 Jahre alt, alleinstehend, hat ein Kind in Ausbildung, verdient CHF 125'000 und verfügt über ein Vermögen von CHF 900'000. Andreas lebt in günstigen Verhältnissen und ist unterstützungspflichtig. Das ergibt sich aus der folgenden Berechnung:

Freigrenze Einkommen:          CHF 140'000 (inkl. Kinderzuschlag von CHF 20'000)
Vermögen über Freigrenze:    CHF 610'000 (CHF 900'000 ./. CHF 250'000 ./. CHF 40'000)
Einkommen:                              CHF 125’000
Vermögenszuschlag:               CHF   15'250 (1/40 von 610'000)
Massgebendes Einkommen:  CHF 140’250

Das massgebende Einkommen liegt über der Freigrenze von CHF 140'000. Andreas gilt somit als in günstigen Verhältnissen lebend und müsste seine Eltern unterstützen.

Bisher geringe Relevanz in der Praxis
In der Praxis wird die Verwandtenunterstützung recht selten geltend gemacht. Das hat mit den dargestellten Freigrenzen zu tun, aber auch damit, dass die Sozialleistungen stets ausgebaut wurden und in der Regel den Minimalbedarf decken. Eine gewisse Zurückhaltung mag auch darauf zurückzuführen sein, dass diese Bestimmung auf Zeiten zurückgeht, in denen der Familienverbund und nicht der Staat Garant für die soziale Abfederung war. Der Ausbau des Sozialstaates und die Auflösung von Familiengefügen, die durch Blutsverwandtschaft geprägt sind, können die Zurückhaltung weiter begründen.

 

Bild: Unsplash. Fotograf: Logan Weaver.

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